Die Fragestellung im Titel klingt provokant, denn die Rohstoffpreise verfallen gerade auf breiter Front. Öl und Gold werden billiger, der Kupferpreis verfällt gar seit 2011. Er ist der Indikator schlechthin für die Weltwirtschaft. Das Beunruhigende am fallenden Kupferpreis – von rund 10.000 Dollar pro Tonne Anfang 2011 auf gegenwärtig (Anfang Juli 2015) nur noch 5.780 Dollar – ist der Fakt, dass die Weltwirtschaft zwischenzeitlich gewachsen ist. Kein Zweifel: Der große Rohstoffzyklus scheint sich seinem Ende zu nähern. Dennoch gibt es Gegenstimmen zum Ausverkauf von Rohstoffanlagen und sogar Experten, die zu einer kleinen Derivatebeimischung auf Rohstoffe im Depot raten.
Chancen auf dem Rohstoffsektor
Trotz der Turbulenzen auf dem Rohstoffsektor bieten sich Chancen. Freilich wirkt der Preisrückgang auf den ersten Blick nicht ermutigend: Öl kostet gegenüber den Vorjahren nur noch die Hälfte, Gas hat sich entsprechend verbilligt, alle Industriemetalle und auch die Seltenen Erden weisen schwächelnde Kurse auf. Analysten sagen dementsprechend voraus, dass sich ein Superzyklus seit dem Ende der 1990er Jahre seinem Ende zuneige. In der Tat tendieren gerade die Rohstoffe zu solchen Zyklen, die länger als anderthalb Jahrzehnte dauern können. Doch schon im Jahr 2013 ließ bei einer an sich robusten Weltkonjunktur die Preissteigerung bei einigen Rohstoffen nach, ab 2014 – bei hohem Kursniveau der Aktienindizes – sackten sie ab. Ablesbar ist das auch am GSCI, dem wichtigsten Rohstoffindex (S&P Goldman Sachs Commodity-Index). Seit Mai 2014 verlor er über 40 Prozent, er könnte noch weiter sinken. Jedoch mahnen langfristig orientierte Investoren, dass der Zyklus noch lange nicht vorbei sei: Auf Sicht von drei bis vier Jahren, so glauben Milliardäre wie Jim Rogers, könne es noch einmal kräftig bergauf gehen. Wer jetzt einsteigt, macht unter Umständen das Schnäppchen seines Lebens.
Gründe für den Preisrückgang bei Rohstoffen
Kenner des Marktes verweisen darauf, dass der aktuelle Kursrutsch eigentlich nur eine gesunde Korrektur darstelle. Es gab nämlich ab 2010 eine übertriebene Rohstoffhausse, weil die Anleger nach der Finanzmarktkrise 2007/2008 den Aktienmärkten nicht trauen wollten und stattdessen vermehrt in Rohstoffe investierten. Die Fondsgesellschaften mit entsprechendem Portfolio erkannten diesen Trend und rührten kräftig die Werbetrommel. Sie beschworen nicht nur einen Öl-, sondern auch einen Gas-, Gold-, Silber- und Kupferpeak, erst recht sagten sie eine Kursexplosion bei Seltenen Erden voraus, die für die Elektronik so wichtig sind. Doch so selten ist keiner dieser Rohstoffe. Aufgrund der Preissteigerungen konnten aber die Produzenten kräftig investieren und den Ausstoß erhöhen, was inzwischen zu Überkapazitäten geführt hat. Das sei der eigentliche Grund für den Preisrückgang inmitten der Konjunktur, so betonen es beispielsweise immer wieder die Kommentatoren im stark beachteten COT Report.
Warum Rohstoffe kaufen?
Investmentlegende Jim Rogers hält Rohstoffe, mit denen er sein Vermögen machte, für die “attraktivste Anlage überhaupt”. Allerdings denkt Rogers, Jahrgang 1942, wirklich langfristig. Er investierte in sein heutiges Rohstoffportfolio, als der vorletzte Superzyklus im Jahr 1969 losbrach. Zwischenzeitlich gab es Einbrüche, auch Rogers verkaufte genau wie Warren Buffett und George Soros, dann stiegen die alten Profis zu günstigeren Kursen wieder ein. Doch selbst wer das nicht getan, sondern schlicht die Anlage seit Ende der 1960er Jahre gehalten hätte, würde sich heute über eine Jahresrendite von 12 % bei einem Index wie dem GSCI freuen, während ein großer Aktienindex wie der S&P 500 in dieser Zeit nur durchschnittlich 11 % jährlich erwirtschaftete. Das bedeutet: Wer heute einsteigt, könnte auch jeden kommenden Zyklus einfach aussitzen. Doch vielleicht fallen ja die Preise vorläufig gar nicht viel tiefer, denn sie notieren vielfach schon zu tief für die wirklichen Förderkosten. Daher werden einige Produzenten bald weniger liefern, die Folge wären sofort steigende Preise.
Risiken des Rohstoffinvestments
Wie immer stehen den Chancen naturgemäß Risiken gegenüber. Wenn nämlich der Abstieg ab 2014 das Ende des Superzyklus’ eingeleitet haben sollte, würden die Preise noch eine Weile verfallen. Das würde recht lange dauern, weil die Rohstoffzyklen seit dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts immer länger dauerten, und zwar die Auf- und die Abschwünge gleichermaßen. Letztere zogen sich im Durchschnitt ebenso lange wie der vorherige Aufschwung hin. Das wären von jetzt an gerechnet 14 bis 15 Jahre. Allerdings fielen die Rohstoffpreise nie bis auf vorherige Tiefststände, der neue Zyklus setzte bei etwas höheren Preisen ein. Der bisher längste Zyklus dauerte 19 Jahre. Skeptiker warnen daher aktuell vor einem Einstieg in Rohstoffe, während nüchterne Investoren mit klugen Stopps rund 20 % unter dem Einstiegspreis operieren.